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Das leidenschaftslose Streben nach Leidenschaft

Obwohl der Stoizismus mit dem Konzept der Indifferenz eine gute Hilfe gibt, mit 'schlechten' Ereignissen im Leben umzugehen, ist es nicht verkehrt, zu schauen, was die moderne Psychologie zu diesem Thema zu bieten hat.

Ich bin dabei auf die Idee des leidenschaftslosen Streben nach der Leidenschaft (Dispassionate Pursuit of Passion) gestoßen. Das hört sich zwar erst mal nach einem buddhistischen Kōan an, doch es ist keiner.

Gemeint ist mit diesem Begriff, dass man vor einem (bekannten) Ereignis eine gewisse Vorliebe für bestimmte Ergebnisse dieses Ereignisses haben darf, beispielsweise eine gute Note in einer wichtigen Prüfung, aber dann nach dem Ereignis nicht über darüber urteilt. Ich finde, dass lässt sich gut mit dem Stoizismus verbinden. Der Stoiker ist nicht untätig und strebt gewisse Ergebnisse an, aber letztlich sind sie für ihn nicht wirklich wichtig (indifferent).

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die moderne Glückforschung herausgefunden hat, dass Menschen meistens die Dauer und Intensität von schlechten Gefühlen nach 'negativen' Ereignissen überschätzen (affective misforecasting) und wieder zu einem bestimmten 'Glücksniveau' zurückkehren.

Um sich dieses Phänomens bewusst zu werden, ist es hilfreich, nach 'schlechte' Ereignissen darüber zu reflektieren, welche 'negativen Folgen' sind (langfristig) tatsächlich ergeben haben. Vielleicht hat das eine oder andere 'schlechte' Ereignis ja zu einem positiven Resultat geführt, beispielsweise zu einem erfüllteren Berufsleben, nachdem man aufgrund einer Entlassung den Job wechseln musste.

Auch Dankbarkeit spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, denn sie hilft einem, nicht nur das 'Schlechte', sondern auch das 'Gute' im eigenen Leben zu sehen.

Man kann auch versuchen zu glauben, alles im Leben würde 'aus gutem Grund' geschehen. Das ist zwar argumentativ nicht zu belegen, kann aber über den Placebo-Effekt dennoch einen positiven Einfluss auf die eigene Wahrnehmung von Situationen und das eigene Wohlbefinden ausüben.

Die Psychologie-Professorin Sonja Lyubomirsky schreibt in ihrem Buch The How of Happiness: A Scientific Approach to Getting the Life You Want, dass der menschliche Glückslevel von folgenden Faktoren abhängt:
  • Genetik (50%)
  • Selbstbeherrschung (40%)
  • Lebensumstände (10%) 

Der Stoizismus setzt, genau wie die moderne Glückspsychologie, bei den 40% an, auf die man einen Einfluss hat.



#stoizismus

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