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Kundenorientierung

Im ersten Teil dieser Artikelserie zum Marketing stellte ich die verschiedenen Markttypen aus Sicht des Marketings vor.

Bei der Produktorientierung geht es darum, im Kunden ein Bedürfnis nach den Produkten zu wecken, die das Unternehmen schon anbietet. Das Ziel des Unternehmens ist dabei, denShareholder Value zu maximieren und seine Gewinne durch hohe Produktionsvolumina und Kostenreduktion zu steigern. Als wichtiger Leistungsindikator dient dabei der Marktanteil (Market Share). Ein produktorientiertes Unternehmen wächst, indem es ein bestehendes Produkt an neue Kunden verkauft und/oder ein neues Produkt entwickelt und verkauft. Der Wettbewerbsvorteil liegt in der Expertise des Unternehmens hinsichtlich seines Produktes/seiner Dienstleistung.

Dieser Ansatz findet aber zunehmend seine Grenzen. Ursachen dafür sind unter anderem:

  • Die durch neue Techniken vereinfachte und beschleunigte Produktentwicklung. Ein Produkt wird so zur 'gewöhnlichen Ware'.
  • Der durch neue Techniken verbesserter Informationsfluss, z. B. über Social Media, führt zu besser informierten Kunden.
  • Durch neue Techniken wird die Produktions- und Lieferkette verbessert, was zu einer Sättigung im Einzelhandel führt.
  • Durch Globalisierung und Deregulierung entstehen neue Wettbewerbssituationen.
  • Kunden wollen vermehrt 'Komplettlösungen', die ein einzelner Produzent nicht bereitstellen kann. Verschiedene Produzenten/Dienstleister müssen zusammenarbeiten.
  • Neue Informationssysteme erlauben es, das Kundenverhalten ziemlich detailliert zu verfolgen.

Die Firma IBM beispielsweise hat daraus schon die Konsequenzen gezogen und sich von einem produktorientierten Unternehmen (Großrechner, PCs, Software) zu einem kundenorientieren Anbieter von Komplettlösungen gewandelt.

Auch andere haben die Zeichen der Zeit erkannt und arbeiten, vor allem im angelsächsischen Raum, mit teilweise sehr ausgefeilten Werkzeugen, um das Verhalten und die Gewohnheiten ihrer Kunden zu erkennen. Die US-Casino-Kette Harrah's erhebt beispielsweise, welche Mahlzeiten ihre Kunden zu sich nehmen, der britische Einzelhändler Tesco versendet Coupons zielgenau anhand der Gewohnheiten seiner Kunden.

Kundenorientierte Unternehmen...
  • analysieren den einzelnen Kunden,
  • wissen, wer ihre Kunden sind und was sie kaufen,
  • richten ihre individuelle Markting-Kommunikation danach aus, was der Kunde in der Vergangenheit gekauft hat,
  • ermitteln fortlaufend den individuelle Wert eines jeden Kunden (Customer Value) und versuchen, ihn zu steigern.

Kundenorientierung ist eine Unternehmensstrategie, bei der die Entwicklung und Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen an den gegenwärtigen und zukünftigen Bedürfnissen einer ausgewählten Kundengruppe ausgerichtet werden mit dem Ziel, den langfristigen finanziellen Wert dieser Kunden zu maximieren.

Dazu ist es erforderlich, dass das Unternehmen willens und imstande ist, seine Organisationsstrukturen, Leistungskennzahlen und die Anreizsysteme für seine Mitarbeiter und Lieferanten so zu gestalten, dass die langfristige Wertschöpfung im Vordergrund steht.

Beispielsweise kann im Vertrieb das Anreizsystem von einer Vergütung nach erzieltem Umsatz umgestellt werden auf die erzielte Erhöhung des langfristigen Kundenwertes (Customer Livetime Value, CLV). Der Fokus verlagert sich damit für den Verkäufer auf das Aufbauen von langfristigen Kundenbeziehungen.

Für kundenorientierte Unternehmen gilt:
  • Das Ziel der Firma ist (nach wie vor) die Maximierung des Shareholder Value.
  • Die Diversität der Kunden (Customer Heterogeneity) steht im Vordergrund, profitable werden von weniger profitablen unterschieden.
  • Die Orientierung liegt auf dem zukünftigen Kundenwert (Customer Lifetime Value, CLV), nicht auf dem vergangenen.
  • Der Erfolg hängt ab von der optimierten Akquise von Kunden (Acquisition), der Kundenbindung (Retention) und der Entwicklung (Development) der Kunden.
  • Die Organisationsstruktur spiegelt die Kundenorientierung wieder.
  • Der Wettbewerbsvorteil liegt im Aufbau und der Pflege von Kundenbeziehung, vor allem zu den 'Zielkunden'.

Ein kundenorientiertes Unternehmen stellt zwar seine Zielkunden in den Mittelpunkt, beachtet aber auch die restlichen Kunden. Dies erhöht die Stabilität der Kundenbasis. Vergleichbar dazu wäre ein Investitionsportfolio im Bereich dazu der Finanzanlage. Es gibt das Paradox der Kundenorientierung (Paradox of Customer Centricity), das besagt, dass je schärfer ein Unternehmen seine Zielkunden eingrenzt, desto mehr ist es darauf angewiesen, auch andere Kunden zu haben.

Ein Unternehmen sollte sich hinsichtlich der Kundenorientierung folgende Fragen stellen:
  • Wer sind die Kunden?
  • Was sind die wesentlichen Hindernisse, um an diese Kunden zu gelangen und sie zu halten?
  • Welche Ressourcen sind verfügbar, um diese Hindernisse zu überwinden?
  • Wie handeln Wettbewerber hinsichtlich der Zielkundengruppe?
  • Macht es überhaupt Sinn, kundenorientiert zu werden? Falls ja, was sind die kurz- und mittelfristigen Ziele auf dem Weg dorthin?



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