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Zwei Strategien zum Schuldenabbau

Viele Menschen häufen Schulden an, bevor sie 'aufwachen' und beginnen, ihre Geldangelegenheiten aktiv zu steuern.

Diese Schulden werden meist peu à peu aufgebaut. Es fängt vielleicht unbemerkt an mit einer kleinen Kontoüberziehung. Dann kommt vielleicht irgendwann die Finanzierung eines Urlaub auf Kredit, den man 'sich verdient hat'. Eines Tages wacht man dann auf und hat mehrere Kredite laufen und einen Schuldenberg von mehreren zehntausend Euro. Wie trägt man so einen Schuldenberg am besten ab?

Klar ist, dass man mehr an die Bank zahlen muss als nur die Zinsen, denn sonst werden die Schulden nicht weniger. Und je mehr und je schneller man das Geld zurück zahlt, desto eher ist man seine Schulden los. Das ist auch klar. Mir geht es hier jedoch darum, welche Strategie man bei der Rückzahlung anwenden kann.

Dazu ein Beispiel. Jemand hat folgende Kredite 'angehäuft':

Kredit A
  • Restschuld: 24.000 Euro
  • Zinssatz: 12,8 Prozent effektiv pro Jahr
  • Restlaufzeit: 72 Monate
  • Monatliche Rate: 479,25 Euro


Kredit B
  • Restschuld: 42.500 Euro
  • Zinssatz: 16,6 Prozent effektiv pro Jahr
  • Restlaufzeit: 100 Monate
  • Monatliche Rate: 587,92 Euro


Kredit C
  • Restschuld: 10.800 Euro
  • Zinssatz: 8,3 Prozent effektiv pro Jahr
  • Restlaufzeit: 24 Monate
  • Monatliche Rate: 489,93 Euro


Strategie 1: Zuerst den Kredit mit dem höchsten Zinssatz tilgen
Die erste Strategie ist nun die, zuerst den Kredit mit dem höchsten Zinssatz zu tilgen. Wenn dieser komplett abgezahlt wurde, zahlt man dann von den verbleibenden Krediten den mit dem höchsten Zinssatz ab und fährt so fort, bis alle Kredite getilgt sind.

In unserem Beispiel bedeutet das, zuerst für die Kredite A , B und C die vereinbarte monatliche Rate zu zahlen und alles restliche Geld, das man aufwenden kann, in die Tilgung des Kredites B zu stecken. Wenn Kredit B abbezahlt wurde, macht man das gleiche mit dem Kredit A und zahlt schließlich danach den Kredit C ab.

Warum? Der Kredit B hat den höchsten Zinssatz von allen Krediten. Hier ist das Leihen des Geldes am teuersten. Dies ist die Strategie, die finanzmathematisch sinnvoll ist.


Strategie 2: Zuerst den Kredit mit der kleinsten Restschuld tilgen
Bei dieser Strategie zahlt man nacheinander alle Kredite ab und fängt dabei mit der kleinsten Restschuld an. In unserem Beispiel würde man also zuerst für die Kredite A, B und C die vereinbarte monatliche Rate zahlen und für den Kredit C zusätzlich alle restlichen verfügbaren Mittel aufwenden. Wenn der Kredit C abbezahlt wurde, wendet man möglichst viel Geld für die Rückzahlung von Kredit A auf und dann knöpft man sich den verbliebenen Kredit B vor.

Wieso gibt es diese Strategie, wenn doch die Strategie 1 die finanzmathematisch sinnvolle und richtige ist? Die Antwort darauf lautet: Psychologie. Die Strategie 2 ist auch als der Schulden-Schneeball (Debt Snowball) bekannt. Die Idee hinter dieser Strategie ist, dass man schneller Erfolge sieht ("Nur noch acht Monate, und ich habe den Kredit C abbezahlt!").

Sehen wir uns das mal an: ohne Sondertilgungen muss unser armer Schuldnerhaushalt pro Monat 1.557,10 Euro an die Banken zahlen. Das ist eine Menge Holz! Nehmen wir nun an, aufgrund einer fetten Gehaltserhöhung und eiserner Ausgabendisziplin kann unser Schuldner ab sofort jeden Monat 2.000 Euro für die Rückzahlung seiner Schulden aufwenden. Er würde dann statt der 489,93 Euro für den Kredit C jeden Monat 932,83 Euro zurückzahlen können und hätte diesen Kredit nach 13 Monaten getilgt. Nun fällt die Tilgung für den Kredit C weg und er kann jetzt die 932,83 Euro zusätzlich zu die Tilgung des Kredites A aufwenden, also insgesamt 1.412,08 Euro.  Wenn er diesen Kredit dann auch abbezahlt hat, kann er die ganzen 2.000 Euro pro Monat in die Tilgung des verbleibenden Kredites B stecken. Das Geld, was man in die Tilgung der verbleibenden Kredite stecken kann, wird immer mehr, eben wie bei einem Schneeball, der einen Abhang herunter rollt und dabei immer größer wird.

Wohlgemerkt, finanzmathematisch ist die Strategie 1 die bessere, da man in der Summe weniger Zinsen zahlt. Doch die Strategie 2 ist für viele Menschen besser geeignet, da sie die Motivation, eine außerordentliche Anstrengung zur Rückzahlung der Schulden auf sich zu nehmen, erhöht. Die Idee mit dem Schulden-Schneeball scheint übrigens von dem US-Amerikaner Dave Ramsey zu stammen.

Das verbindende Element zwischen beiden Strategien des Schuldenabbaus ist, dass man seinen Fokus jeweils auf einen bestimmten Kredit richtet und versucht, diesen möglichst schnell abzuzahlen.

Beide Strategien setzen natürlich voraus, dass man die Möglichkeit hat, Sondertilgungen vorzunehmen. Falls dies nicht der Fall ist, sollte man mit dem Geld, das man 'über' hat, zuerst Rücklagen bilden und den eventuell verbliebenen Rest investieren, beispielsweise in Form eines Permanenten Portfolios.

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