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Die Engpasstheorie (Theory of Constraints)

Die Durchsatzrechnung baut auf der Engpasstheorie (Theory of Constraints, ToC) auf.

Die Engpasstheorie wurde von Dr. Goldratt in den 1980ern entwickelt. Durch sein Buch The Goal: A Process of Ongoing Improvement* wurde sie erstmals einem größeren Fachpublikum zugänglich gemacht. Vermutlich aufgrund seiner 'Vorgeschichte' als Physiker ist Goldratt mit einer anderen Perspektive an die Probleme der Steuerung eines Unternehmens herangegangen als Buchhalter, Controller oder Betriebswirte, die ja im Rahmen ihrer Ausbildung schon die typische 'klassische' Art der Kostenrechnung vermittelt bekommen haben.

Die Theory of Constraints hat sich anfangs mit der Produktionssteuerung in Unternehmen befasst, ist jedoch ganz allgemein anwendbar.

Die Engpasstheorie baut auf der Erkenntnis auf, dass die Kapazität einer Wertschöpfungskette, beispielsweise in einem Unternehmen, durch das Element mit der geringsten Leistung begrenzt wird. Dieses Element wird als Engpass (Constraint) bezeichnet. Zu Anfang verwendete Goldratt den Begriff Flaschenhals (Bottleneck). Man kann sich das gut vorstellen wie bei einer Kette, bei der das schwächste Glied ihre Stärke bestimmt.

Bei den Engpässen unterscheidet man zwischen internen (im Unternehmen) und externen (im Markt).

Beispiele für interne Engpässe sind:
  • Physische Engpässe, beispielsweise der maximale Leistung einer Maschine (Physical Constraint).
  • Engpässe aufgrund von Regeln und Richtlinien (Policy Constraint).
Policy Constraints sind übrigens häufiger anzutreffen, als man glaubt. Sie sind nicht immer so leicht zu entdecken, da sie ja keine unmittelbare physische Manifestation aufweisen.

Im Markt (extern) sind unter anderem folgende Engpässe zu finden:
  • Limitierte Nachfrage nach den hergestellten Dienstleistungen und Produkten
  • Lieferanten (z. B, Lieferfähigkeit, Zuverlässigkeit)
  • Verfügbarkeit von Fremdkapital

Ein paar Beispiele für Engpässe sind Schlüsselpersonal, Leistungsfähigkeit von Maschinen und IT-Systemen, stark befahrende Eisenbahnstrecken, Regalplatz in Geschäften.

Oftmals werden Unternehmen eher durch die externen als die internen Engpässe behindert. Ein Unternehmen sollte seine Bemühungen zur Beseitigung bzw. Aufweitung von Engpässen daher nicht nur auf die internen beschränken, sondern sollte sich auch den externen widmen, beispielsweise durch eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Marktforschung.

An einem Beispiel möchte ich jetzt einen Engpass in der Produktion zeigen. Nehmen wir an, dass wir ein Gut produzieren und dafür vier Arbeitsschritte durchlaufen werden müssen. Die Ressource an jedem dieser Arbeitsschritte hat eine maximale Kapazität:

Herstellung eines Produktes in vier Arbeitsschritten

Eine andere Art der Darstellung ist diese:

Visualisierung der Ressourcenkapazitäten



Man kann leicht erkennen, dass von dem herstellten Produkt maximal 15 Einheiten in der Stunde herstellt werden können, denn die Ressource 3 ist hier der Engpass. Selbst wenn die Ressourcen 1 und 2 mit voller Kapazität produzieren, führt dies nicht zu mehr fertigen Produkten sondern nur zu einem Berg von unfertigen Erzeugnissen vor der Ressource 3 - dem Engpass.

Wenn man jede Ressource mit maximaler Effizienz (Auslastung) arbeiten lässt, entstehen statt mehr fertiger Produkte lediglich mehr Kosten für
  • die Kapitalbindung in den unfertigen Erzeugnissen, die sich vor Ressource 3 auftürmen,
  • die Lagerung und Handhabung, beispielsweise Lagerplatz und
  • für die Alterung sowie die Wertminderung, beispielsweise aufgrund von Beschädigungen.

Welche Resultate können mit der Theory of Constraints in der Praxis erzielt werden?

Nachdem ich nun die Theory of Constraints (ToC) kurz vorgestellt habe, stellt sich natürlich die Frage, ob sie in der Praxis auch etwas taugt.

Diese Frage haben sich auch Wissenschaftler der Victoria University of Wellington, Neuseeland, gestellt und eine Untersuchung durchgeführt. Und diese Untersuchung hat ergeben, dass bei der Anwendung der Theory of Constraints im Schnitt folgende Resultate erzielt werden:
  • Reduktion der Investitionen/des Inventars (Inventory Levels) um 50%.
  • Verbesserung der Termintreue (Due-Date Performance) um 60%.
  • Reduktion der Produktionszeit (Cycle Time) um 66%.
  • Reduktion der Durchlaufzeit (Lead Time) um 69%.

Die Theory of Constraints taugt also auch in der Praxis etwas.

Es ist allerdings anzumerken, dass der Erfolg der Theory of Constraints und der Durchsatzrechnung stark davon abhängen, dass das Unternehmen sich auch wirklich darauf einlässt. Das bedingt meist einen tiefgreifenden Wandel in der Unternehmenskultur. Das übliche Vorgehen der lokalen Optimierung muss verlernt und stattdessen das Denken und Handeln mit globaler Unternehmensperspektive erlernt werden.

Es geht also fortan nicht mehr darum, wie die Effizienz des eigenen, lokalen Bereiches aussieht, sondern ob eine Entscheidung einen positiven Einfluss auf das gesamte Unternehmen (beispielsweise in Form des Betriebsergebnisses) hat.

Konsequenterweise haben lokale Metriken bzw. Key Performance Indicators (KPIs) dann keinen Platz mehr im Unternehmen und an ihre Stelle treten globale Kennzahlen, die ich Ihnen in den folgenden Artikeln vorstelle.





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