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Sollte man sein Geld noch in Aktien anlegen?

Eine der vier Assetklassen des Permanenten Portfolios, das ist die Investment-Strategie, die ich anwende, sind die Aktien. Aktien verbriefen einen Anteil des Besitzers einer Aktie an einem Unternehmen. Allen Aktionären gemeinsam gehört ein Unternehmen.

Ich habe mir die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Geldanlage in Aktien gestellt, als ich darüber nachdachte, was wohl mit großen Unternehmen, die üblicherweise Aktiengesellschaften sind, in Zukunft passiert.

Bereits zu den Zeiten der Römischen Republik gab es so etwas wie Aktiengesellschaften. Das römische Imperium hat viele seiner Dienstleistungen durch externe Unternehmen erbringen lassen, also outgesourced, wie man heute sagen würde. Die Bezeichnung für die externen Dienstleister war Publicani oder Societas Publicanorum, die 'Aktien' nannten die alten Römer Partes bzw. Particulae. Es gibt Hinweise darauf, dass es bereits einen Aktienmarkt gab, beispielsweise bei Polybius und Cicero.

Auch im 13. Jahrhundert finden sich Hinweise auf Aktien, beispielsweise für die Société des Moulins du Bazacle in Toulouse (Frankreich), die Mühlen betrieb,  und das schwedische Minen- und Forstunternehmen Stora.

Weiter ging es dann mit der English (British) East India Company von 1600 und der Dutch East India Company im Jahre 1602.

Der erste Börsencrash durch eine Spekulationsblase scheint sich wohl 1695 in den Niederlanden ereignet zu haben.

So ging es dann weiter und weiter, bis in unsere Zeit.

Allen Aktiengesellschaften ist gemein, dass sie soviel Kapital (Geld) für ihre Aktivitäten benötigten, dass dieses von kaum einer einzelnen Person aufzubringen war (es gab natürlich Ausnahmen, wie den Adel oder den König). So legten beispielsweise viele Menschen ihr Geld zusammen, um Handelsschiffe nach Asien zu entsenden. Viele dieser Unternehmungen waren dazu auch noch riskant. Man wusste beispielsweise nie, ob ein Handelsschiff im 17. Jahrhundert von seiner Reise überhaupt zurückkehrte. Es ging also auch um Risikostreuung.

Die Ökonomen begannen im 20. Jahrhundert, die Theory of the Firm zu formulieren, eine Zusammenstellung von einzelnen ökonomischen Theorien, die erklären sollten, warum es Unternehmen gibt und wie sie funktionieren. Im Jahr 1937 wurde von dem US-Ökonomen Ronald Coase die Transaction Cost Theory vorgestellt. In ihr postulierte er, dass sich immer dann ein Unternehmen bildet, wenn die Transaktionskosten innerhalb eines Unternehmens kleiner sind als außerhalb (mit anderen Marktteilnehmern).

Und damit kommen wir jetzt zum Grund meiner Frage nach der Zukunft der Aktien. Durch die Einführung neuer Technologien in den letzten Jahrzehnten, wie Personal Computer und Internet, aber auch durch neue Dienstleistungen wie Fulfillment Center und Sofware as a Service (SaaS) werden in vielen Bereichen die Kapitalanforderungen immer geringer, weil es sehr leicht geworden ist, fehlende Funktionen in einem Unternehmen in Form von Modulen auf dem Markt zuzukaufen. Auch die Transaktionskosten zwischen Marktteilnehmern können aufgrund der neuen Technologien drastisch gesenkt werden. Ein gutes Beispiel ist dafür die Teekampagne von Prof. Dr. Günter Faltin, den weltweit größten Importeur von Darjeeling-Tee, der praktisch vollständig aus zugekauften Dienstleistungen besteht.

Wenn jetzt aber die Kapitalanforderungen geringer und die Unternehmen kleiner werden (können), wofür brauche ich dann noch die Kapitalbeschaffung über Aktien? Und wenn man ein Unternehmen einfacher und mit weniger Kapital gründen kann, also die Markteintrittsbarierren sinken, gibt es dann nicht größeren Wettbewerb durch mehr Unternehmen oder gar Einzelpersonen im gleichen Markt?

Mehr Wettbewerb wiederum würde uns der Situation des vollkommen Marktes (Perfect Competition) näher bringen, auch wenn wir ihn vermutlich nie erreichen werden. Auf dem vollkommenen Markt gibt es einen einheitlichen Preis für das gleiche Produkt von verschiedenen Anbietern, bei denen diese keine Gewinne erwirtschaften (die Ökonomen sprechen davon, dass der Gleichgewichtspreis den Grenzkosten entspricht). Anders gesagt: die Unternehmensgewinne würden dann tendenziell kleiner und damit auch die Rendite auf Aktien.

Ein weiterer Punkt ist, dass große Unternehmen, wie das Aktiengesellschaften meist sind, eher schlecht auf disruptive Technologien reagieren. Gute Beispiele dafür sind Kodak, Zeitungen, Verlage und die Musikindustrie.

Dies sind natürlich alles nur theoretische Überlegungen, doch ich kann mir tatsächlich vorstellen, dass für viele, aber nicht alle, großen Aktiengesellschaften die Zeit ablaufen könnte, weil sie durch kleinere, agilere Einheiten mit geringerem Kapitalbedarf ersetzt werden. Dieser Prozess wird sicherlich nicht abrupt und in naher Zukunft ablaufen, doch ich denke, das ist ein realistisches Szenario.

Meine Antwort auf die Frage nach der Geldanlage in Aktien lautet: ja, man sollte sein Geld weiterhin auch in Aktien anlegen, aber man sollte den Aktienmarkt insgesamt gut im Auge behalten und bei sich abzeichnenden tiefgreifenden strukturellen Änderungen darüber nachdenken, statt durch Aktien auf anderen Wege in Produktivvermögen zu investieren, vielleicht über Venture-Capital-Gesellschaften oder Fundraising-Plattformen. Doch noch liegt das wohl in einiger Ferne.

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