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Buchrezension: A Guide to the Good Life: The Ancient Art of Stoic Joy von William B. Irvine

In seinem Buch A Guide to the Good Life: The Ancient Art of Stoic Joy stellt William B. Irvine seine Interpretation der altgriechischen/altrömischen Philosophie der Stoa vor und präsentiert sie dem Leser als mögliche Lebens-Philosophie.

Der Autor stellt dabei die praktische Anwendung im Alltag in den Vordergrund. Die Aspekte, Physik, Kosmologie und Logik werden nicht betrachtet.

Ziel eines (römischen) Stoikers ist es, den Zustand innerer Ruhe zu erreichen, der durch die Abwesenheit von negativen Gefühlen, wie Kummer, Ärger und Angst, und eine Anwesenheit von positiven Gefühlen, wie Freude, gekennzeichnet ist. Die Stoa hat einige Gemeinsamkeiten mit dem (Zen-)Buddhismus.

In dem Buch werden folgende Techniken und Prinzipien eines stoischen Lebens vorgestellt:


Negatives Vorstellen

Bei dieser Technik stellt man sich für einen bestimmten Aspekt seines Lebens Worst-Case-Szenarien vor, also z. B. was wäre, wenn ich kein Auto mehr fahren könnte? Ziel dieser Technik ist, sich zum einen mental auf den möglichen Verlust dessen, was man hat, vorzubereiten, und zum anderen, das was man hat, schätzen zu lernen und sich dessen Vergänglichkeit bewusst zu werden. Anders formuliert: mit dem Negativen Vorstellen versucht man, der Hedonischen Anpassung entgegenzuwirken.

Sich absichtlich unkomfortablen Situationen aussetzen

Auch diese Technik dient dazu, dass man lernt, dass zu schätzen, was man bereits hat, und gleichzeitig seine persönliche Komfortzone zu vergrössern. Ein Beispiel für diese Technik wäre, zu leicht angezogen in der Kälte spazieren zu gehen.

Bescheidene Lebensführung

Die Stoiker raten dazu, auf Luxus zu verzichten, da man aufgrund des Hedonischen Hamsterrads langfristig nicht mehr Freude über ein Leben im Luxus verspürt, sondern dann nach immer neuen, anspruchsvolleren Lebensumständen verlangt. Stoiker lehnen jedoch nicht den Wohlstand im allgemeinen ab, sondern nur das Streben nach Reichtum und ein Leben im Luxus. Die Begriffe Reichtum und Luxus sind natürlich immer individuell zu definieren.

Keinen Ruhm oder Reichtum suchen

Für den Stoiker ist das Streben nach Ruhm oder Reichtum kein Ziel, denn der Aufwand, diese Ziele zu erreichen, übersteigt meist den Nutzen, den man von der Erreichung dieser Ziele hat.

Verlangen und Sehnsüchte beherrschen

Hier geht es darum, sich seines Verlangens und seiner Sehnsüchte bewusst zu werden und sie möglichst durch Einsatz der Ratio zu mindern oder aufzulösen.

Nicht aufregen/ärgern

Der Stoiker vermeidet es, sich aufzuregen. Er ist sich bewusst, dass er selber den Ärger in sich erzeugt und empfindet, und dass sich durch seinen Ärger seine Situation in der Regel nicht verbessert. Der Ärger ist also nutzlos.

Nicht darum kümmern, was andere von einem denken

Für einen Stoiker ist es nicht wichtig, was andere von ihm denken, denn der Aufwand, dafür zu sorgen, dass andere von einem denken, was ihm gefällt, steht meist in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen.

Umgang mit Beleidigungen

Wird ein Stoiker beleidigt, soll er sich nicht ärgern (siehe oben). Er soll darüber nachdenken, ob der Beleidigende nicht Recht hat. Eine eventuelle Antwort sollte nicht in Form einer Gegen-Beleidigung erfolgen, sondern vorzugsweise mit Humor.

Dienst für die Gemeinschaft leisten

Der Stoiker leistet einen Dienst für die Gemeinschaft. In der heutigen Zeit könnte man dies vielleicht damit übersetzen, dass er arbeitet (nicht unbedingt für Geld).

Auf das konzentrieren, was man ändern kann

Der Stoiker konzentriert sich vor allem auf das, worüber er vollständige Kontrolle hat, z. B. unsere Meinungen, Impulse, Verlangen, Abneigungen. Nachgelagert konzentriert er sich dann auf das, worüber er teilweise Kontrolle hat. Mit den Dingen, über die er keine Kontrolle hat, beschäftigt er sich nicht.

Dem Tod gelassen gegenübertreten

Der Stoiker hat keine Angst vor dem Tod, denn er ist sich ja der Vergänglichkeit seines Lebens bewusst.

Auf die Gegenwart konzentrieren

Die Vergangenheit ist abgeschlossen, nicht mehr zu ändern. Man versucht, aus ihr zu lernen, lässt sie aber ansonsten ruhen. Insbesondere lässt man schlechte Erinnerungen nicht unnötig wieder aufleben. Das Augenmerk liegt auf der Gegenwart, dem Leben im jetzt und hier.




Irvine stützt sich vor allem auf die römischen Stoiker Seneca, Musonius Rufus, Epictetus und Kaiser Marcus Aurelius.

Für die praktische Umsetzung einer stoischen Lebensweise empfiehlt der Autor folgendes Vorgehen:
  • "Undercover" starten, ohne die Umwelt zu informieren
  • Folgende Techniken und Prinzipien nach und nach umsetzen
    • Negatives Vorstellen
    • Auf das konzentrieren, was man ändern kann
    • Auf die Gegenwart konzentrieren
    • Umgang mit Beleidigungen
    • Sich absichtlich unkomfortablen Situationen aussetzen
    • Bescheidene Lebensführung


Das Buch ist in einem leicht lesbaren Stil geschrieben und hat mir gut gefallen.


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